Zu Besuch bei Pablo Escobar im Edificio Monaco in Medellin
Wohl niemand hat die Geschichte von Kolumbien und ganz besonders auch von Medellin bis in die heutige Zeit so beeinflusst und geprägt wie der Drogenboss vom Medellin-Kartell, Pablo Escobar. Auch wenn seine Fans und Bewunderer ihn gerne mit einem Robin Hood vergleichen, der Schulen und Krankenhäuser gebaut und die Armen unterstützt hat, bleibt er doch in erster Linie einer der brutalsten und mächtigsten Drogenbarone, der zahllose Menschen ermorden (darunter hunderte Polizisten und dutzende Richter) ließ und nicht nur den weltweiten Drogenhandel industriell aufbaute, sondern bis zu 80% davon auch kontrollierte. Obwohl Pablo Escobar die Schule vorzeitig abbrach, war er doch ein brillianter Geschäftsmann und kam mit seinen Drogengeschäften zu einem unermesslichen Reichtum, besaß zahllose Autos und Fincas in ganz Kolumbien und über die Grenzen hinaus. Gerüchten zufolge soll er in seiner Blütezeit monatlich 2500,- Dollar für Gummibänder ausgegeben haben um sein Geld zu bündeln.
In Medellin, mit einem schönen Blick über die Stadt, steht das Edificio Monaco – ehemaliges Wohnhaus, Machtzentrale, Folterkeller und Geldschrank von Pablo Escobar. Das achtstöckige Gebäude würde eigentlich nicht sonderlich auffallen, es ist ein verwahrlostes Haus wie es sie in Südamerika an jeder Ecke gibt. Es könnte ein Schwarzbau sein auf den die Behörden aufmerksam geworden sind, oder auch ein Rohbau, wo dem Bauherren das Geld ausgegangen ist. Eigentlich, denn im Garten steht eine Satellitenschüssel – mit riesigem Durchmesser!
Mehr als die Außenansicht de Gebäudes und die Satellitenschüssel vom Bürgersteig aus kann man eigentlich nicht sehen. Eigentlich, denn wie so oft in Südamerika ergänzen sich Zufälle oftmals sehr positiv. In diesem Fall war es die Kombination aus dem vielleicht besten Guide in Medellin und einem Wachmann, der sich gern ein paar Pesos dazuverdienen wollte. So hatten wir uneingeschränkten Zugang zu allen Bereichen des Gebäudes, leider hatten wir nur wenig Zeit. Seit das Cali-Kartell (heute würde man von Marktbegleitern oder Mitbewerbern sprechen) eine große Autobombe vor dem Gebäude gezündet haben steht es leer und die Verwaltung von Medellin weiß nicht so recht, was sie damit anfangen soll.
Neben der überlebensgroßen Statue im Eingangsbereich sind besonders die Aufzugtüren ungewöhnlich. Im Erdgeschoss gibt es davon drei, in den weiteren Etagen nur noch zwei. Die unteren Etagen des Gebäudes wurden von Angestellten und engen Mitarbeitern bewohnt, die oberen beiden Etagen von Pablo Escobar persönlich, der mittlere Aufzug war sein Privataufzug. Auf dem weg nach oben passiert man eine verwahrloste und verwüstete Etage nach der nächsten. Schatzsucher haben Löcher in Wände und Decken gestemmt, in der Hoffnung einiger seiner Reichtümer zu finden.
Oben angekommen muss man erst eine schwere Gittertür passieren. Im weiteren Verlauf der Besichtigung fällt auf, wie sehr Pablo Escobar auf seine Sicherheit bedacht war. So war unter den Dachziegeln noch ein zusätzliches Metallgitter angebracht um Eindringlinge fernzuhalten. Alle Räume in seinen Etagen haben mindestens drei Ausgänge, das Schlafzimmer sogar noch mehr.
Von der umlaufenden Dachterrasse hatte man früher einen einmaligen Blick über Medellin, das rötliche Hochhaus ist neueren Baujahrs. Im Vordergrund sieht man einen abgedeckten Pool. Das die Erzählungen über legendäre Partys hier oben vermutlich keine reinen Gerüchte sind, kann man sich problemlos denken. Auch wenn heute nichts mehr vom ehemaligen Prunk zu sehen ist und überall Verwüstung herrscht.
Wer Pablo Escobars Tresorraum im Edificio Monaco einmal gesehen hat weiß, das seine Geschäfte blendend gelaufen sein müssen. Auch die Ausgaben von monatlich 2500,- Dollar für Gummibänder erscheinen plötzlich plausibel.
Kolumbien weiß leider noch nicht so wirklich, wie man mit diesem bedeutenden und grausamen Abschnitt der Geschichte umgehen soll. Einerseits lässt man die Häuser und Fincas von Pablo Escobar verfallen und möchte diesen Geschichtsabschnitt am liebsten vergessen, andererseits entsteht gerade ein regelrechter Kult um ihn. Touristen buchen Touren zu seinem Grab, zum Edificio Monaco und zu seiner legendären Hacienda Napoles die etwa drei Autostunden von Medellin entfernt liegt. Strassenhändler bieten T-Shirts, DVDs und allerlei weitere weitere Andenken an.
In Kolumbien spielt eine Telenovela das Leben von Escobar nach und wird mit traumhaften Einschaltquoten belohnt. Die US-Serie Narcos die seit 2015 bei Netflix gestreamt wird, steht dem in nichts nach. Hier wurde die zweite Staffel bereits bestellt, nachdem die erste gerade sechs Tage alt war.
Die Novela „El Patron del Mal“ (der Pate des Bösen) war das was man bei uns „Docutainment“ nennt und erzählt an Einzelschicksalen sehr sachlich und – untypisch für eine südamerikanische Novela – das Leid was diese Kriminellen über das Land gebracht hatten. Sie ist absolut sehenswert. Narcos von Netflix ist die übliche reißerische Geschichte.
Ich komme gerade aus Kolumbien wieder. Das Edificio Monaco wurde vor ca. 5 Wochen abgerissen, weil der Stadt und den Anwohnern der permanente Strom der Sebsations- Touristen auf die Nerven gegangen ist.