Corona in Australien – zwei Backpacker berichten
Vor einiger Zeit haben mich die beiden deutschen Backpacker Daniel und Jenny angeschrieben, um einen Gastbeitrag hier im Blog zu veröffentlichen. Sie sind aktuell in Australien unterwegs und die Corona-Pandemie sowie deren Auswirkungen beeinflusst ihre Reisepläne ganz erheblich.
Der Virus überrollt uns
Anfang März hatten wir den perfekten Plan für unsere Rundfahrt durch Australien. Wir konnten nicht ahnen, dass sich in zwei Monaten alles auf den Kopf stellen würde. Es kam der Coronavirus. Tatsächlich blieben wir als Backpacker während Corona in Australien. Der Weg war sehr hart und von vielen Tiefschlägen geprägt. Es ist noch nicht vorbei.
Unsere Ausgangslage
Seit Oktober 2019 sind wir in Australien. Am Anfang waren wir in Adelaide. Dort kauften wir uns ein Auto und bauten es um so, dass wir darin leben konnten. Danach ging es erst nach Melbourne und dann nach Sydney. Im Januar 2020 fuhren wir einen großen Roadtrip von Sydney zurück nach Adelaide. Von dort aus ging es nach Western Australia. Ab Februar nahmen wir uns die Westküste vor. Schließlich planten wir von März bis Mitte April in der Umgebung von Perth zu bleiben. Während der Zeit nahmen wir zwei Housesittings an. Das Konzept ist recht simpel. Besitzer von Haustieren vereisen. Währenddessen dürfen wir kostenlos in diesem Haus leben, aber dafür müssen wir uns um die Haustiere kümmern.
Von Anfang März bis zur Mitte hatten wir unser zweites Haus im Norden von Perth. Danach sollte es für einen Monat in ein anderes Haus gehen. Diese Zeit wollten wir nutzen, um einen Job zu finden, um unsere Finanzen zu verbessern. Kurz vor unserem Umzug kündigte sich der Virus an…
Corona schleicht sich an
In den Medien hörten wir immer wieder von einem Virus, der sich langsam global ausweitete. Covid-19, ein Virus, der einer Grippe ähnelt, nur gefährlich für ältere Menschen. So war unser erster Eindruck, den wir durch die Medien gewonnen hatten. Immer wieder gab es in der Vergangenheit kleinere Krankheitswellen. Also machten wir uns nicht all zu viele Sorgen. Es war Mitte März und wir konnten fast nichts in Australien spüren.
Tatsächlich spitzen sich die Medienberichte täglich zu. Dennoch schien der Virus aus der Reichweite zu sein, es fühlte sich nicht bedrohlich an. Das erste Mal wurden wir stutzig, als unsere Eltern via Skype von den Panikkäufen in Deutschland erzählten. Die Atmosphäre änderte sich schleichend. Doch wir konnten nicht einschätzen, wie schlimm die Situation wirklich war. Wie den auch, wenn die Medien von Verharmlosungen und Übertreibungen voll waren. Dementsprechend lebten wir normal weiter.
Täglich gab es eine Veränderung, doch sie war nicht greifbar. Etwas auf der Welt veränderte sich. Nun sind die Panikkäufe bei uns angekommen. Erst verschwand das Klopapier, dann die Nudeln und schließlich das Mehl. Eigentlich wollten wir backen, doch wir bekamen keine Hefe mehr. Zum Glück hatten wir noch Mehl, mit einem anderen Rezept war es möglich. Doch langsam bekamen wir ein ungutes Gefühl. Dieses wurde von dem Ärgernis über die leeren Läden überschattet. Der Coronavirus war angekommen, aber viel konnten wir damit nicht anfangen.
Die Ereignisse überschlagen sich
Unsere Zeit in unserem zweiten Haus nährte sich dem Ende. Da sich der Virus nun auch in Australien ausbreitete und die ersten Fallmeldungen uns erreichten, wollten wir sicherheitshalber fragen, ob der Umzug ins nächste Haus stattfinden würde. Die Besitzer wussten es nicht, sie gingen davon aus, dass ihre Reise sich verkürzen würde. Sie wollten erst nach England, dann in die USA. Die USA machte jedoch seine Grenzen dicht. Eine Verkürzung wäre kein Problem gewesen, doch einige Tage später kam der Erste von vielen Schocks: Das Haus für einen Monat wurde abgesagt. Die Reise von den Besitzern konnte nicht stattfinden.
Anfangs waren wir total aufgewühlt. Ein Virus kam und brachte Chaos in all unsere Pläne. Wir sammelten uns und versuchten unseren Plan zu verändern. Glücklicherweise boten uns die Besitzer einen Tag mit Übernachtung bei ihnen an, was wir dankend annahmen. So konnten wir alle Gegebenheiten eines Hauses zur neuen Orientierung nutzen. Zuvor gab es eine schöne Ablenkung mit einem Trip nach Rottnest Island. Dieser wurde schon vor der Krise gebucht und er fand auch statt.
Neue Pläne und Umzug an den Strand
Ab dem 20. März hatten wir kein Haus mehr und zogen dementsprechend wieder ins Auto. Nun waren wir zwei Backpacker während Corona in Australien und ohne richtigen Rückzugsort. Unser neuer Plan war es bis April abzuwarten, ob wir einen Job oder ein neues Haus bekommen würden. Wenn nicht, dann würden wir einfach nach Norden weiterreisen. Zunehmend wurde die Krise unangenehmer für uns. Da wir im Auto nicht kühlen können, sind wir auf Lebensmittel wie Nudel oder Dosensuppen angewiesen. Leider wurden genau diese Sachen leer gekauft.
Einen neuen Plan hatten wir, doch nun brauchten wir auch eine neue Bleibe. Wir wendeten unsere Standardtaktik an: Einen Strand suchen, der einem das Schlafen im Auto nicht verbietet. Die Entscheidung fiel auf den Parkplatz vom Mettams Pool, ein Strand nördlich von Perth. Dort blieben wir erstmal 5 Nächte. Doch in dieser Zeit steigerten sich die negativen Ereignisse, sie brachten uns an unsere äußersten Grenzen.
Die Weiterreise kippt
Die ersten Tage liefen gut für uns. Täglich informierten wir uns über den Virus und wir machten uns eine schöne Zeit. Unsere Zeit verbrachten wir meistens mit der Jobsuche, am Strand oder im Kings Park. Es sah so aus, als würden die Zeichen auf Weiterreise stehen. Die Jobsituation war festgefahren und Häuser wurden nicht mehr angeboten. Leider fanden wir heraus, dass der Norden 14 Tage Quarantäne für die Einreise forderte. Unsere Finanzen waren nicht darauf ausgelegt 14 Tage für eine Unterkunft zu bezahlen. Als nächstes wollten wir genauere Details herausfinden, doch dies war nahezu unmöglich. Das Kontaktieren von offiziellen Stellen wie der deutschen Botschaft oder Büros vom Nordterritorium führten zu nichts. Jeden, den wir erreichen konnten, verwies uns an Andere oder war selbst unsicher. Es war ein sehr komisches Gefühl. An wen sollten wir uns wenden, wenn alle selbst unsicher waren.
Der Autoschaden
Täglich dachten wir darüber nach, wie es weitergehen solle. Trotz vieler Sorgen motivierten wir uns weiter zu machen. Doch dann kam das nächste Problem. Ein Fenster am Auto ging kaputt. Man konnte es nicht mehr hochfahren und das passierte an einem Sonntag, wo die meisten Mechaniker zu hatten. Auf gar keinen Fall wollten wir mit einem fast komplett offenem Fenster schlafen. Also suchten wir uns eine Werkstatt. Nach langer Suchen fanden wir dann endlich eine. Jedoch nahmen sie 50 Dollar für die bloße Untersuchung des Wagens. Verzweifelt nahmen wir die Untersuchung an. Diese ergab, dass der Motor in der Autotür getauscht werden müsste. Zu unserem Pech ginge das frühstens am nächsten Tag. Folglich haben wir unser Geld verloren und durften trotzdem mit einem offenem Fenster schlafen. Am nächsten Tag ließen wir es reparieren. So wurden beim Aufkommen der Coronakrise mehr als 300 Dollar gefressen. Langsam spitzte sich die Lage zu.
Wir brauchen eine Unterkunft
Langsam hatten wir einige Informationen über den Virus zusammen. Abstand halten, Händewaschen und Kontakt vermeiden waren die Regeln. Unser Problem, wir lebten am Strand, nutzten eine öffentliche Toilette und die Menschen waren noch massenhaft unterwegs. Eines Morgens sprach uns einer an und warnte uns, dass Ranger nachts die Parkplätze kontrollieren würden. Dies wurde von uns überhaupt nicht ernst genommen, immerhin waren wir schon seit 5 Nächten hier. Es kam, wie es kommen musste, in dieser Nacht kam eine Rangerin, die uns der Polizei melden wollte. Laut ihr, stünde im Internet, dass das Schlafen dort verboten sei. Geradeso konnten wir sie beschwichtigen und eine Geldstrafe abwenden. Mitten in der Nacht mussten wir den Parkplatz dann räumen. An dem Abend war uns klar, dass es so nicht mehr weitergehen konnte.
Über Facebook fanden wir eine Bleibe für 100 Dollar in der Woche. Eigentlich wollte uns die Vermieterin einen Job anbieten, doch irgendwie wurde daraus nichts. Also zogen wir um, doch die Wohnung war nicht optimal für uns. Es gab eine Insektenplage in der Küche, ständig gab es Besuch und Wifi gab es nur, wenn sie da war. Es war eine schwierige Situation, doch vorerst hatten wir einen Rückzugsort.
Corona Maßnahmen stoppen unsere Reise
Kaum waren wir in der Wohnung, schon kamen Einschränkungen von der Regierung. Soziale Distanz, nahe zu alles wurde geschlossen und ein Reiseverbot. Nun verzweifelten wir langsam. Es gab keinen Job und nichts war mehr möglich. Zusätzlich saßen wir in einer eher schlechten Unterkunft fest. Unsere nächste Idee, wenigstens den Westen zu bereisen wurde durch ein regionales Reiseverbot zerschlagen. Nun durften wir uns nur noch in der Umgebung von Perth und in der Peel-Region aufhalten. Die Frage war, wie lange würde dies alles dauern. Anfangs waren wir noch optimistisch, also machten wir weiter.
Wir legten uns einen Plan zurecht. Unser Ziel war es eine neue Unterkunft und einen Job zu finden. Für die Unterkunft fragten wir bei dem Haus an, wo wir hätten einen Monat leben können. Tatsächlich boten sie uns für 150 Dollar pro Woche ein Gästezimmer mit Bad und Küche an. Dies war die erste richtig gute Nachricht seit Wochen und wir nahmen das Angebot an. Mit dem Job funktionierte es weiterhin nicht. Sehr viele Australier hatten ihren Job verloren. Als Reisende waren wir, verständlicher Weise, im Nachteil.
Umzug
Anfang April zogen wir dann endlich um. Der Virus hatte inzwischen das ganze Leben hier lahm gelegt. Unsere Wohnung ist ein Traum. Die Vermieter haben sich sehr viel Mühe gegeben alles für uns einzurichten. Wir schätzten uns sehr glücklich einen kleinen Wohlfühlort zu diesen Zeiten zu haben. Jetzt konnten wir uns auf unsere Projekte und die Jobsuche fokussieren. Leider lagen unsere Nerven immer noch blank, denn es schien so, dass das Reisen auf unbestimmte Zeit nicht möglich sein würde. Als Backpacker während Corona in Australien zu sein, war definitiv nicht leicht. Ohne Job und ohne Reise stellte sich die Frage, was wir hier noch machten. Die Miete würde langfristig unser Geld fressen und wir würden festsitzen.
Stay or leave
Unsere Anspannung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Plötzlich wurde uns unser großer Traum genommen. Keiner konnte etwas dafür, doch der Frust war da. Inzwischen stritten wir über belanglose Sachen, wir sorgten uns um die Finanzen und wir waren auf uns allein gestellt. Unsere Familien konnten uns aus der Ferne zwar wertvolle Tipps geben, aber hier mussten wir uns alleine durch die Zeit schlagen. Immer mehr stellte sich die Frage, ob wir aufgeben sollten.
Entscheidung
Vorerst entschieden wir uns zu bleiben. Wir einigten uns darauf von Zeit zu Zeit erneut abzuwägen. Diese Entscheidung muss jeder Reisende für sich treffen. Wichtig ist, dass man finanzielle Sicherheit hat. Außerdem sollte das Visum auch noch eine Weile laufen.
Aktivitäten
Was soll man tun, wenn man festsitzt? Unsere Lösung war klar! Leben statt jammern. Alles, wofür wir nie Zeit hatten wurde Programm. Wir lasen, schauten Netflix, gingen wandern, fuhren ans Meer und machten Sport. Doch unser Ziel war es die Zeit unvergesslich zu machen. Folglich dachten wir uns eine Spieleolympiade mit verschiedenen verrückten Challanges aus. Eine Nicht-Lachen-Challange oder Klopapier hochhalten waren die Ergebnisse. Zeit ist wertvoll und wir lernten, dass es immer wichtig ist seine Zeit zu nutzen. Also machten wir das, was uns Spaß bereitete. So machten wir ein Fotoshooting, bauten eine Sandburg und machten Judo am Strand. Wenn man kreativ wird, dann kann man so viel aus seiner Zeit rausholen.
Jobsuche
Eine weitere Aktivität gaben wir nicht auf: Die Jobsuche. Es wurde alles versucht. Wir schalteten Anzeigen auf Gumtree und Facebook, wir fuhren zu Supermärkten und Farmen, um unsere Lebensläufe zu verteilen und wir schickten massenhaft Onlinebewerbungen raus. Man muss hartnäckig bleiben, um etwas zu erreichen.
Hoffnung kommt auf
Reiseverbote, soziale Distanz und die Schließung von fast allen Freizeitangeboten zeigten Wirkung. Anfang Mai präsentierte die Regierung einen drei Stufenplan zur Herstellung der Normalität. Stück für Stück wurden Lockerungen geplant. Dies machte uns große Hoffnung auf eine Weiterreise.
Inzwischen haben wieder mehr Läden geöffnet. Langsam kommt Bewegung in das Leben rein. Man darf sich mit bis zu 10 Personen treffen und die Grenzen für Reisen wurden deutlich erweitert. Wenn alles glatt läuft, dann greift ab Juli die dritte Stufe und unsere Reise könnte weitergehen.
Zusätzlich haben wir einen Job für 3 Wochen bekommen. So können wir unser Konto wieder etwas auffüllen. Langsam geht es aufwärts. Dennoch sind wir weiterhin etwas skeptisch. Die Bewegung in allem tut uns trotzdem sehr gut.
Wie geht es weiter?
Als Backpacker während Corona in Australien zu sein ist sehr hart. Deswegen braucht man einen genauen Plan. Man muss ständig seine Finanzen im Überblick haben, die Situation täglich analysieren und im Kopf optimistisch bleiben. Ein wenig Glück gehört auch dazu. Harte Arbeit zahlt sich aus und für uns haben sich drei Optionen für die Zukunft ergeben.
Fazit
Unsere Erfahrung als Backpacker während Corona in Australien hat gezeigt, dass es echt hart sein kann zu bleiben. Unter der Voraussetzung, dass man sich den Aufenthalt leisten kann und dass die Situation sich verändert, sollte man versuchen zu bleiben. Oft erscheint es so, als würde all dies nicht mehr enden. Doch wenn man was positives aus der Zeit macht und hart an Verbesserungen arbeitet, dann ist ein Ende in Sicht. Jetzt warten wir ab was passiert und hoffen, dass es bald weitergehen kann.
Hinweis – Gastbeitrag
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag von Jenny und Daniel von https://dieweltenwanderer.de. Die beiden sind seit ca. 4 Jahren ein Paar und haben sich letztes Jahr ihren großen Traum erfüllt: Australien. Hier sind sie jetzt seit Oktober 2019 unterwegs.
Infos über Gastbeiträge auf meinem Blog gibt es hier.
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